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Spaß mit alten Deutschpunkkamellen Heute:
OHL
Ich möchte heute eine neue Reihe eröffnen, die zwar in der
Vergangenheit ihren Platz hat, aber nicht mit glorifizierender Absicht in
das Hier und Jetzt gezerrt werden soll. Früher war nix besser, weil
"früher" mindestens genauso beschissen war, wie's heute ist. Trotzdem,
oder gerade deswegen kann man sich ruhig einmal vor Augen halten, mit was
für glorreichen "Inhalten" sich die ollen Oppas ihrerzeit rumgeschlagen
haben. Und weil ich kein Engländer bin oder Skandinavier, widme ich meine
Aufmerksamkeit der Art von Punk, die auf einem Landgut wie Möglingen
seinerzeit von den meisten "angepunkten" Jugendlichen verstanden wurde:
Deutschpunk. Unsere Portion für diesmal: Spaß mit OHL-Texten, oder Der
kleine Interpretationskurs für die höhere Bedeutsamkeit intelligenter
westdeutscher Liedguttexte. An einem verregneten miesgelaunten Tag gibt es
kaum etwas, das mehr erheitert, als sich einen Packen alter Scheiben aus
dem Schrank zu ziehen und einfach nur die Textbeilagen zu lesen, OHL
bilden da schon mal gar keine Ausnahme!!
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Oppa Wilhelm Ohnehals. 1. Sani
V.D. Gemieden wegen seiner
Schweissmauken und geächtet aufgrund seines uncoolen Auftretens vor
dem Feind (man beachte die Herrenhandtasche mit der Pistole und die
bis unter die Achseln hochgezogene Hose). Hier beim Bewachen einer
Hinterhoflatrine, aus der er alle 2,5 Stunden eine Urinprobe zu
entnehmen hatte, die anschließend in der Feldflasche warm gehalten
wurde. |
Ich muß es nicht zugeben, denn ich habe es nie verschwiegen oder
bestritten, OHL gehörten mit zu meinen ersten Erfahrungen im
traditionellen harten Deutschpunkgeschäft und lagen dort mittels ihrem
kompromisslosen Sound auf den Rängen, um die andere Bands mittels
aufgedruckten "Superduperhardcoresiegeln" vergeblich buhlten. Viele werden
vielleicht die Nase rümpfen, von wegen des Labels oder anderer
Geschichten. Solchen Vorwürfen kann ich allerdings präventiv begegnen,
denn das Label hatte seinerzeit noch nicht eine Rechtsrockplatte
veröffentlicht (fast hätte ich geschrieben "dumme Platte", aber seit der
Cotzbrocken-LP versuchen sich ungezählte Combos ohne Aussicht auf Erfolg
in der Unterbietung des musikalischen und textlichen Niveaus der Kölner
Flachpfeifen), und einen Ruf hatten OHL damals auch kaum, und wenn, dann
fiel der damals noch unter die Floskel "Toleranz" (könnte natürlich auch
Ignoranz heißen). Die inhaltlichen Mängel der seinerzeit einzigartigen
lyrischen Ergüsse waren zwar kaum zu überhören, aber andere Texte waren
schließlich auch nicht wesentlich ausgefeilter. Beispiele? "Ich kann schon
nicht mehr schlafen, vor lauter Paragraphen" (Normahl), "das Beste an der
Welt sind die Weiber und das Geld" (Marionetz), "ich häng hier nur rum
.. mir wird schon ganz dumm" (Ätzer 81), selbstverständlich beliebig
verlängerbar. Sei's drum, über solche Zeilen hat man sich 81-84 wirklich
keinen schweren Kopf gemacht, schließlich gab's da auch wenig, worüber man
im Unklaren sein konnte. Die Texte von OHL, bzw. deren "Deutscher W" ("W"
für "Widerstand", Wohnung", "Wessi", "Windhund", "Widerling" oder
Wurstwarenfabrikant"?) konnten einen auch nicht wirklich
berühren. |
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