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Hat sich eigentlich schon einmal jemand Gedanken über die
schädliche Wirkung von Comics auf unsere Jugend gemacht?
Nein, nicht auf die Nachwuchsblagen, auf unsere eigene Jugend
(früher oder jetzt, je nachdem). Auch nicht was die Ollen
immer meinten, mit ”Comics sind schädlich für
Dich, lies lieber ein richtiges Buch oder mach zum zweiten Mal
Deine Hausaufgaben”! Ich meine vielmehr die
unterschwelligen politischen Botschaften, die beim Konsum der
bunten Bildchen vermittelt werden. Inwieweit dadurch eine
dauerhafte Prägung vonstatten geht, darüber kann nur
spekuliert werden! Oder vielleicht wollen wir uns doch lieber
gleich unausgegorene Gedanken über die politische Prägung
der bunten Kioskware machen? Na, logisch, schließlich haben
wir ja sonst nichts zu tun, oder? Das weitverbreiteste und
wohl auch bekannteste Comic auf der Welt ist zugleich auch das
mit den widerlichsten
Ausprägungen eines kapitalistisch-autoritären Systems.
Politik wird hier mit Kapital
gemacht, während ein
aufgeblasener Polizei- und Repressionsapparat den ohnmächtigen
Kampf gegen das organisierte Verbrechen führt. Dagobert Duck
ist das gezeichnete Portrait eines faschistoiden
Diktatorenerpels, der aufgrund seines Vermögens die
Geschicke von Entenhausen lenkt. Das völlige Fehlen einer
ausgleichenden Gewalt nach dem amerikanischen Prinzip von ”Checks
and Balances” läßt keine andere
Interpretationsmöglichkeit als die eines einseitig-
monetarischen Regierungssystems zu. Keine Behörde prüft
die Bauvorhaben dieses Despoten - sein Geldspeicher entspricht in
keinster Weise irgendeiner Bestimmung bezüglich eines
”harmonischen Stadtbildes” - kein Gericht klagt ihn
an, selbst wenn er erwiesenermaßen wiederholt gegen
bestehende Gesetze verstößt (Ruhestörung,
illegaler Waffenbesitz, Hausfriedensbruch, Geiselnahme,
Steuerhinterziehung, Eigentumsmißbrauch und schwere
Körperverletzung, um nur einige zu nennen). Im Gegenzug
führt ein hilfloser Polizeiapparat mit seinen überfüllten
Gefängnissen das ad absurdum, was dem gesunden
Menschenverstand lange bekannt ist, ohne daraus jedoch die
geeigneten Konsequenzen zu ziehen. Strafvollzug in dieser Form
ist längst überholt und ändert die Menschen nicht,
wie es weder die Panzerknacker noch Kater Karlo zu ”bessern”
vermag, denn alle werden rückfällig. Geradezu
jugendgefährdend, weil unverantwortlich verniedlichend, wird
mit der Figur des Donald Duck ein dauerhaft Arbeitsloser
vorgeführt, der trotz seiner fehlenden Beschäftigung
und Einkünfte sowohl über ein Haus als auch über
ein Auto verfügt. Einem real existierenden Pleiteenterich
hätte man angesichts seiner finanziellen Dauerkrise längst
das Sorgerecht über seine Neffen entzogen, die wiederholt in
unverantwortlicher Weise vom Besuch eines geregelten
Schulunterrichts ferngehalten werden. Und
wenn wir einmal nüchtern das Entenhausener Sozialsystem
abklopfen, dann wird sehr schnell klar, daß es hier gar
keines gibt, denn in einer solchen gewaltkapitalistischen
Gesellschaft ist kein Platz für Sozialhilfe oder ein
Arbeitsamt (zumindest ist Donald Duck nie dabei zu sehen, wie er
auf dem Arbeitsamt um einen Job ansteht oder auf dem Sozialamt
die nötigen Papiere zusammenkratzt, um zu seiner Stütze
zu kommen). Nüchtern betrachtet schiebt Donald nur aus zwei
Gründen nicht den berüchtigten Einkaufswagen mit all
seinen Habseligkeiten vor sich her. Erstens, weil er eine
Comicfigur ist, und zweitens, weil sich das nicht so gut
verkaufen würde. Was einem unbedarften Jugendlichen hier
vermittelt wird, liegt offen auf der Hand: nix arbeiten, Schule
schwänzen, keine Rechnungen zahlen, und Du hast trotzdem ein
Dach über dem Kopf und einen Wagen. Wundert Euch also nicht,
wenn Eure Kinder mit 16 an die Börse rennen oder sich mit
einer Spitzhacke und einem Rucksack bewaffnet auf den Weg nach
Klondyke machen. Dagobert Duck mag zwar ein geiziger Knochen
sein, aber Geld macht offenbar auch in Comics sexy! Wundert Euch
andererseits aber auch nicht, wenn aus Euren Kindern Punks
werden, latent arbeitsscheue Wesen oder Sodomisten, die in jedem
Tümpel nach einer Daisy suchen.
Unter
die Kategorie ”reaktioniärer Mist mit
patriarchalischem, respektive monarchischem Charakter”
fallen gleich eine ganze Reihe von Schundheftchen. Man möchte
fast meinen, daß sich eine komplette Riege unterschiedlich
talentierter Zeichner zur Aufgabe gesetzt hat, Propaganda für
König, Reich und Ritterstand zu verbrechen. Sicherlich ist
”Prinz Eisenherz” ein gutes Comic, wenn man selber
den Adel mit in die Wiege bekommen hat. Für manchen Altadel
sind das dann ja auch gleich die glorreichen Geschichten der
guten alten Zeit, lange vor der vierten Inzuchtgeneration und
lange vor den ersten Paparazzis, denen man damals auch mal locker
den Kopf abschlagen konnte, ohne Konsequenzen befürchten zu
müssen. Für unsere Väter war das Sigurd (ein
ekliger Blondschopf), für unsere Generation eben Eisenherz
mit seiner Mischpoke. Der tapfere Ritter mit seinem
rauchenden Peacemakerschwert, ständig auf dem Kreuzzug gegen
revolutionäre Kräfte, Mauren oder unterprivilegierte
Ritter des Kleinadels. Der restaurative Eisenherz hat alles, was
das Herz begehrt, selbstverständlich eine schöne Frau,
ziemlich artige Kinder und eine Konstitution, die einem ”Iron
Man” des ausgehenden 20. Jahrhunderts zur Ehre gereichen
würde. Und da es immer nur einen geben kann, verteidigt der
edle Ritter sein und das Eigentum eines noch älteren Königs
mit niederen Methoden. Hier gibt es keine Fragen, hier wird
zuerst gehauen und dann verhandelt. Kerker sind grundsätzlich
dreckige Löcher (Amnesty würde sich im Grab
herumdrehen), Folter sind legitime Verhörmethoden (hier
würde sich AI gerne auf dem Foltertisch umdrehen, wenn die
Fesseln nicht so eng wären) und Artenschutz kümmert den
Herrn Prinzen einen Dreck (immerhin erschlägt der Rüpel
nicht nur einen unter Naturschutz stehenden Drachen). Und die
Latte schlechter Eigenschaften gehen noch weit über Mord und
Totschlag hinaus. Stehlen und zündeln, das kann dieser Herr
Prinz, aber von einem Wahlzettel oder einer Minderheitsregierung
wird hier nichts vermittelt. Nun gut, wenn Deine Kinder mit dem
Küchenmesser in der Hand hinter der Katze durch die Wohnung
rennen, dann weißt Du, daß da etwas falsch gelaufen
ist, aber sag‘ nicht, daß Dich keiner gewarnt hätte.
Nicht minder schlimm ist die arabische Variante, deren
sultanatisches System auf einer Unterdrückung jedweder
Oppositionsbewegungen basiert. Das angeführte Beispiel von
einer ”sanften” Despotie (Harun) zu einer anderen
”härteren” (Isnogud) bietet keine wirkliche
Alternative. Die tatsächliche Opposition der besitzlosen
Klasse (Tunichgut) wird nicht nur totgeschwiegen (wenn das nicht
funktioniert, dann unterdrückt) sondern auch noch lächerlich
gemacht, indem man diese Klasse kurzerhand versklavt. Schlimmer
geht’s eigentlich nimmer! Nein, wir müssen nicht
wirklich über solche ”Klassiker” wie den blöden
Köter ”Bessy” reden, der zwar jedem Köter
vom Hundeübungsplatz zum Vorbild gereicht, aber nicht
wirklich einer modernen Züchtung mit kupierten Ohren und
blütenreinem Stammbaum. Bessy ist quasi der antiquierte
Prototyp eines Ludenhundes. Typen, die früher Bessy-Comics
gelesen haben, laufen heute mit Pluderhosen und einem Kampfköter
durch die Gegend, der zu 80% aus Maul und Zähnen besteht
(der Rest ist Halsband und Darm). Ein weiterer ”Klassiker”,
den man nur als geschichtsverfälschende Weißwurstpropaganda
betiteln kann (wenn man viel guten Willen aufbringt) ist
selbstverständlich Silberpfeil. Nur Winnetou ist edler
gewesen, aber da weiß man ja wenigstens, von wem es kommt.
Silberpfeil ist der ”Landser” für Wildwestfreaks
(in etwa vergleichbar mit einer russischen Übersetzung des
Landsers und eben der Reservatspflichtlektüre für
enteignete Rothäute). Bleiben wir beim Western und
amerikanischen Gepflogenheiten, landen wir automatisch bei Lucky
Luke. Jahrelang durfte dieser geschlechtsneutrale Einzelgänger
die Gefahren des Rauchens verharmlosen,
bis die Wissenschaft meinte, eindeutig beweisen zu können,
daß die Glimmstengel zu akuten Krebserkrankungen und appen
Beinen führen können. Immerhin zeigt Lucky Luke die
Sinnlosigkeit eines noch so restriktiven Verwahrungs- und
Strafvollzugssystems auf. Die überaus simpel gestalteten
Bösewichter durchlaufen alle möglichen Varianten des
Vollzuges, vom offenen Vollzug, bis zum Vollzug mit
angegliederter Gefangenenausbeute in Form von Zwangsarbeit und
werden trotzdem immer wieder rückfällig, weil
Resozialisierungsmaßnahmen völlig fehlen. Hätten
die Daltons und Billy the Kid einen Job angeboten bekommen, dann
wäre Lucky Lucke mit Band 4 oder Band 5 beendet gewesen. Was
lernen die Kinder daraus? Verbechen zahlt sich zwar nicht aus,
wird aber auch nie richtig bestraft, man kommt rum und Cowboys
kennen keine Toiletten!
Lustig ist das Agentenleben, das
wußten wir schon lange vor den X-Akten und den Spaßgranaten
Mulder und Scully. Clever & Smart hatten schon immer etwas zu
lachen, viele Verkleidungen und sind so blöd, daß
selbst der dümmste SEK-Bulle noch auf den Gedanken kommt,
sich beim BND zu bewerben. In Wahrheit handelt es sich bei IM
Clever & IM Smart um von eben diesem BND in Auftrag gegebene
Straßenpropaganda, die mehr Nachwuchs in die Hände der
westdeutschen Gummiohren getrieben hat als von der Stasi jemals
abgeworben wurden. Irgendwie steckt auch der MAD, der CIA, FBI
und der CI 5, A3, B5-versenkt dahinter! Haltet Eure Kinder davon
fern, wenn ihr nicht wollt, daß sie über euch ihre
Berichte schreiben. In FIX & FOXI hießen Clever &
Smart noch Flip und Flap, das war’s dann aber auch schon,
was man zu dieser westdeutschen ”Rolf Kauka”-Version
der Ducks von sich geben muß. Hier arbeitet keine Sau (wie
bei den Ducks) und propagiert westdeutsches Kleinbürgertum,
was nicht verwundert, wenn man bedenkt, daß Fix & Foxi
aus dem Hause Springer stammen. Einzig erheiternder Moment in der
langen Geschichte dieses Langweilercomics ist ”Pauli”
(ein Landei wie aus dem Bilderbuch). Ein warnendes Beispiel für
die Folgen der Landflucht und den ernsten Integrationsproblemen
in die hektische Welt der Großstadt. Wer aus dem
Stuttgarter Raum kommt und jemals mit einem Hardcore-Älbler
konfrontiert sah, der wird Pauli in Zukunft mit anderen Augen
sehen!
Die
Nazis lesen Sturmtruppen, weil es bei der Wehrmacht immer etwas
zu lachen gab. Daß Krieg urkomisch ist, selbst wenn man in
der Wehrmacht dient, das wußten schon die Franzosen,
Ungarn, Polen, Tschechen, Rumänen, Dänen, Belgier ...
zum Glück gab es damals in der Marschverpflegung keine
Comics. Hätte es welche gegeben, dann wären die
Sturmtruppen fester Bestandteil gewesen! Gaston ist Mumpitz,
denn so einen Trottel hat fast jedes Büro, freilich verteilt
auf mehrere Personen. Auf eine Figur
konzentriert ist Gaston ein Fall für den Arbeitslosenmarkt,
ohne jegliche Chance auf Vermittlung.
Als Außenseiter
würde ich ”YPS” bezeichnen, das als Comic nach
jahrelanger Abstinenz überhaupt keinen bleibenden Eindruck
hinterlassen hat. Was in Erinnerung blieb, ist das ”Gimmick”,
und selbst das war nur ein Überraschungsei ohne richtige
Überraschung und mit ohne Schokolade. Von daher behandeln
wir es auch nicht ernsthaft als Comic, sondern als Bastelset mit
überdimensionierter Bauanleitung. Die Propagierung von
Feigheit, Opportunismus, Doping und Egoismus erfahren wir in
Asterix, der Alptraumvision eines farbenblinden Franzosen.
Leichtfertig wird in Asterix die Verwendung von Aufputschmitteln
zelebriert, verharmlosend wüste Schlägereien mit
Körperverletzungen heruntergespielt und leidenschaftslos
Drogen unter dem Vorwand einer ”guten Sache”
konsumiert. Es gibt keinen Beipackzettel zu den
Zaubertrankdosierungen und den möglichen Nebenfolgen,
nichts. Ganz Gallien steht unter dem Joch der Römer. Na
Dankeschön, die restliche Welt zählt ja nicht, denn
jeder Lateinschüler weiß, daß Gallien nur ein
Stein im großen Puzzle der Unterdrückung durch die
Römer war. Schön und gut, ein kleines gallisches Dorf
ist nicht besetzt, weil sie im Besitz von harten Drogen sind, die
es ihnen ermöglichen, jederzeit den römischen
Eindringlingen die Stirn zu bieten. Aber sie sind nicht bereit
diese Möglichkeiten mit anderen zu teilen (quasi eine RAF im
Steroidenrausch und Lokalkolorit). Das revolutionäre
Potential, das in diesem Dorf steckt, mündet in einer
halbdemokratischen Dorfgemeinschaft mit einem gewählten
Oberhaupt (obwohl das Oberhaupt auch ganz anders zu seinem Posten
gekommen sein kann, wenn wir ”Der Kampf der Häuptlinge”
richtig interpretieren). Die Herren Obelix & Co. bekämpfen
das römische Joch nicht wirklich, sie beharren auf dem
Status Quo, weil sie sich davon Stabilität für ihr
eigenes System versprechen. Ohne den äußeren Feind
würde die Dorfgemeinschaft zweifelsohne zerfallen – in
der Abgangsreihenfolge: Barde (besseres Engagement), Verleihnix
(der bei freiem Handel ruckzuck pleite wäre), Automatix
(Angebot aus der Industrie), Obelix (käme bei seiner
Rauflust ruckzuck in den Knast) ... etc.! Was den Opportunismus
angeht, so paktieren die Gallier zu ihrem Vorteil auch durchaus
einmal mit dem Klassenfeind und sind Sklavenhaltern wie Kleopatra
zu Diensten. Was für Werte werden hier eigentlich
Jugendlichen vermittelt? Das einzige wirklich politisch
akzeptable System wird bei den ”Schlümpfen”
praktiziert. Ein nach kropotkinschem Modell gelebter autarker
Agraranarchismus, bei dem es weder einen polizeilichen
Repressionsapparat, Gefängnisse noch Zahlungsmittel gibt.
Das völlige Fehlen der Polizei sowie eines ständigen
Parlamentes ist Beweis genug, daß es ”trotzdem”
funktioniert, wenn alle wichtigen Entscheidungen
basisdemokratisch entschieden werden. Kritiker könnten hier
einwerfen, daß ”der Große Schlumpf eigentlich
eine diktatorische Stellung einnimmt”, müssen sich
allerdings gefallen lassen,
daß ein solches System ohne einen Repressionsapparat oder
andere Institutionen, die zur Durchsetzung seiner alleinigen
Entscheidungsgewalt nötig wären, nicht funktionieren
würde. Der Ggroße Schlumpf hat vielmehr eine
”beratende” als eine letztendlich ”entscheidende”
Funktion. Einschränken muß man das Beispiel der
Schlümpfe übrigens seitdem Peyo, der Vater dieser
blauen Zwerge, vor ein paar Jahren verstorben ist. Seither leitet
sein Sohn die Geschäfte, und der hat recht wenig vom Vater
mitbekommen (wahrscheinlich noch nicht einmal Schlümpfe
gelesen). Seither ist es aus mit dem dörflichen Frieden,
weil sich Landwirte eben nicht so gut für den Plüsch-
und Gummifigurenmarkt eignen. Wie man seinen Kindern allerdings
eine Lebensgemeinschaft - abgesehen von der politischen Seite -
erklärt, die zu über 99% (100 Schlümpfe + ein
Retortenschlumpfinchen) aus männlichen Zwergen besteht, das
dürfte ein anderes Problem sein. Aber schließlich
poppt Donald ja auch nie mit Daisy!!! Schönen guten Tag
noch! KHS
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